Der Wetterbericht drohte mit Sommerwetter. Ulf hatte einen noch fast ungenutzten Sportbootführerschein Binnen in der Tasche und die Familie wollte wieder Boot fahren.
Also wurde im Internet recherchiert... Wir fanden die Rossi. Und die war über Himmelfahrt noch frei!
Am Donnerstag fuhren wir früh nach Berlin-Köpenick. Dort schwimmt ein Pavillon mit Solarzellen-Dach. Um diesen herum liegen ungewöhnliche Wasserfahrzeuge, die alle mit Sonnenlicht angetrieben werden. Alles steht unter dem Slogan "Laut ist out!".
Die Rossi sieht zwar aus wie ein schwimmendes Ei mit Glasfenstern und Sonnendach, hat aber durch ihre Form einen geringen Strömungswiderstand. Und der ist wichtig. Der Antrieb erfolgt nämlich durch einen 10kW-Elektromotor. Das ist bei einem 5t-Boot nicht sehr viel. Wenn man vorsichtig mit dem Fahrthebel umgeht, kann man mit 5 km/h ganz leise vorwärts gleiten. Dann reicht die Batteriekapazität mit Sonnenunterstützung auch für 2 Tage Fahrt.
Eine Reinigung der Solarzellen verbessert deren Wirkungsgrad nur unerheblich.
Wir fahren auf der Dahme bis nach Schmöckwitz. Der Verkehr auf dem Wasser ist sehr dicht. Das bringt unser Ei ziemlich ins Schaukeln. Nachdem die Wasserschutzpolizei auftaucht, werden die Wellen plötzlich niedriger und alle langsamer. Außer uns. Wir können mit diesem Boot keine Geschwindigkeitsbeschränkung missachten.
Das Zeichen "Sog und Wellenschlag vermeiden" können wir auch ignorieren. Marco fährt gerade mit fast voller Kraft voraus:
Nach einer Mittags-Bade-Pause (im klaren, aber nur 16° warmen/kalten Wasser) fahren wir weiter zum Seddinwall und ankern dort.
Wenn wir ankern, laufen die Kinder immer wieder Runden ums Boot.
Dabei fällt auch jeder genau einmal ins Wasser. Nun ist bewiesen, dass die Schwimmwesten nützlich sind. Wir Eltern brauchen keine pädagogischen Druckmittel mehr, die Kinder ziehen die Schwimmwesten jetzt immer freiwillig an.
Am nächsten Tag fahren wir durch den Gosener Kanal, über den Däweritzsee und durch Erkner zur Mittagspause auf dem Flakensee.
Anschließend kommt die erste Herausforderung dieser Tour: Die Schleuse Woltersdorf. Wir sind zu aufgeregt, um Fotos machen zu können. Wir müssen feststellen, dass mit der Rossi solche Manöver wie "Eindampfen in die Spring" nichts werden. Aber wir schaffen die Schleuse ohne Schrammen. Über den Kalksee und Rüdersdorf geht es weiter zum Stienitzsee.
Bei leeren Batterien brauchen die Solarzellen der Rossi eine Woche, um alles wieder aufzuladen.
Öko-Freaks müssten jetzt zurück zum Solar-Pavillon. Wir legen aber im Hafen des MC Stienitzsee an und nutzen die dortige Steckdose, aus der sicher Atomstrom kommt. Dabei haben wir ein gutes Gewissen, denn Atom-Strom ist sehr ökologisch, weil er den Treibhaus-Effekt nicht vergrößert.
Der Liegeplatz ist ruhig und die Stegnachbarn sind freundlich. Mit dem Elektroboot hat man immer ein Gesprächsthema.
Auf dem Rückweg am Samstag haben wir genügend Zeit, die Schleuse zu fotografieren.
Wir übernachten auf dem Däweritzsee. Die Kinder versuchen ihr bestes beim Angeln, aber an den Festmachern ohne Haken und Wurm wollen einfach keine Fische anbeißen.
Das Elektroboot hat noch einen weiteren Vorteil: Wir können den gesamten Müggelsee befahren und müssen uns nicht mit den Motorbootfahrern die ausgetonnte Fahrrinne teilen.
Leider müssen wir die Rossi nach 4 Tagen wieder abgeben. Es war eine gemütliche und vor allem stille Tour durch eine schöne Landschaft. Diese macht vom Wasser aus einen sehr viel besseren Eindruck als von Land aus.